Plädoyer für PV-Anlagen
Klimaschutzstelle und Energieberatungsagentur möchten mit Manchem aufräumen, das derzeit die Runde macht
Stand: 25.08.2025
Wenn Irina Falck und Jan Graeber in den vergangenen Wochen auf den unterschiedlichsten Nachrichtenportalen unterwegs waren, mussten sie häufig schlucken. Grund: Berichte und Äußerungen zu PV-Anlagen, die an deren positivem Image kratzen. Dem möchten die Klimaschutzstelle am Landratsamt und die Energieberatungsagentur ENA entgegentreten.
Frau Falck, Herr Graeber, die Sonne scheint… Wie ist es um das Thema PV-Anlagen im Landkreis aktuell bestellt?
Falck: Erfreulicherweise gut. Wir konnten in den vergangenen Jahren einen stetigen Zuwachs an PV-Anlagen verzeichnen. Insgesamt sind im Landkreis mittlerweile knapp 14 800 Solaranlagen unterschiedlichster Leistungsgröße in Betrieb, fast 5800 davon mit Batteriespeicher. Stark im Kommen waren und sind Balkonkraftwerke – aktuelle Zahl: rund 2350 im Landkreis. Diese wurden durch die Erleichterungen im Solarpaket I von 2024 sehr gerne als günstige Möglichkeit zur teilweisen Eigenversorgung angenommen. Ob diese Trends allerdings anhalten werden, ist schwer zu sagen.
Was glauben Sie, wohin geht die Reise?
Graeber: Fragen Sie, was wir uns wünschen? Natürlich ein möglichst großes „Mehr“ an Erneuerbaren Energien und speziell auch PV-Anlage. Es gibt so viele ungenutzte Dächer….Allerdings bemerken wir seit Kurzem eine Menge Verunsicherung. Bei uns als ENA schlägt das in Form von vermehrten Nachfragen auf, die Menschen konfrontieren uns aber auch mit Aussagen wie: Das lohnt sich ja dann eh nicht mehr.“
Woher rührt die Verunsicherung?
Falck/Graeber: Die hat unserer Meinung nach viele Gründe: Zum einen sind es die sich ständig ändernden gesetzliche Rahmenbedingungen, die den Bürger ratlos zurücklassen, aktuell etwa das Solarspitzen-Gesetz. Dann sind die Vorgaben zu Einspeiseregeln und technischen Anforderungen für den Laien unübersichtlich. Kommen dann noch öffentlich kommunizierte und unreflektierte Aussagen mit dem Tenor dazu, dass Anlagen abgeschaltet werden müssen oder nicht mal mehr ans öffentliche Netz angeschlossen werden können, wird es schwierig. Die Bürger stellen sich dann die Frage, ob private PV-Anlagen politisch und wirtschaftlich überhaupt noch gewollt sind und die Energiewende gewünscht wird.
Sie scheinen nach wie vor überzeugt zu sein und ermutigen gerade Privatleute zum „Aufrüsten“. Warum?
Graeber: Die Stromversorgung über das eigene Dach hat nur Vorteile. Strom ist vielseitig im Haushalt nutzbar und kann direkt CO2- frei produziert werden. Die Bürger können sich unabhängiger vom Strommarkt machen, was hinsichtlich der aktuellen Weltlage auch ein wichtiges Bedürfnis bei vielen Menschen geworden ist.
Falck: Durch die Markteinführung von Balkonkraftwerken bekommen nun auch Menschen die Möglichkeit, Strom selbst zu produzieren, die keine eigenen Dachflächen zur Verfügung haben. So kann jeder ein Teil der Energiewende sein und werden. Der Strom wird dort verbraucht, wo er entsteht. Das finde ich, ist eine schöne und mutmachende Sache.
Ungeachtet vom ökologischen Aspekt – gibt es auch finanzielle Vorteile?
Graeber: Der größte finanzielle Vorteil ist klar der reduzierte Strombedarf aus dem öffentlichen Netz. Was ich selbst produzieren kann, muss ich nicht mehr einkaufen. Die Sonne sendet uns keine Rechnung, die solare Energie kann einfach genutzt werden. Die Preise für die Anlagentechnik und Batteriespeicher sind zuletzt zurückgegangen, was natürlich auch eine positive Auswirkung auf die Amortisationszeit hat. Auch deshalb ist aktuell ein guter Zeitpunkt, einzusteigen. Des Weiteren gilt noch, dass die Mehrwertsteuer bei der Installation und Betrieb von PV-Anlagen entfällt. Auch gibt es noch die Einspeisevergütung, welche sich aber wohl in den nächsten Jahren weiter reduzieren wird - leider.
Falck: Einige Kommunen im Landkreis Roth haben die Bedeutung erkannt und eigene Förderprogramme aufgelegt, mit denen sie ihre Einwohner bei Kauf von PV-Anlagen und Batteriespeichern unterstützen.
Wie wird sich der Strompreis entwickeln?
Graeber: Das ist pauschal schwer zu sagen, fossile Brennstoffe sind von globalen Marktpreisen abhängig, die schwanken und oft stark steigen – das hat uns ja der Kriegsbeginn in der Ukraine alle spüren lassen. Was aber sicher ist, ist die weitere Erhöhung der CO2-Steuer und der freie CO2-Zertifikatshandel ab 2027, beides wird sich auf den Strompreis auswirken. Auch die politisch diskutierten Zuschüsse für die Netzentgelte oder der dringend notwendige Netzausbau wird die Preise beeinflussen. Die Tendenz geht eher nach oben und somit gilt die von der ENA schon seit jeher propagierte „Weisheit“: Die Kilowattstunde, die man nicht benötigt, ist die Beste.
Falck: Die Energieträger Sonne und Wind stehen uns kostenlos zur Verfügung. Folglich fallen bei solchen Anlagen nur Investitions- und Wartungskosten an. Mein Kollege hat Recht: Bei fossilen Heizungen oder Strom aus Kohle/Gas begibt man sich in Abhängigkeiten anderer und ist absolut vom Marktpreis abhängig.
Wir sprachen über Verunsicherungen. Mit dieser reagieren wohl auch Bürger, die in Kommunen wohnen, in denen aktuell keine Einspeisung ins Stromnetz möglich ist. Ist das wirklich ein K.O-Kriterium?
Graeber: Es gibt sogenannte „Null-Einspeise-Anlagen“. Das heißt, kein eigen-erzeugter Strom wird ans Netz abgegeben, sondern so weit möglich vollständig im eigenen Gebäude verbraucht. Das ist auch in Gegenden möglich, wo bereits die Netze überlastet sind.
Für wen, wenn man das überhaupt pauschalisieren kann, lohnt sich eine PV-Anlage, auf Dach oder Balkon (besonders)?
Falck: Für jeden Verbraucher gibt es mittlerweile eine technische Lösung für eine PV-Anlage. Wir leben in einem Zeitalter, in der es ohne Strom in keinen Bereich mehr funktioniert. Strom ist vielseitig einsetzbar und der Bedarf wird zukünftig auch im Privatbereich steigen: Laden von E-Autos, E-Bikes, Wärmeerzeugung über Wärmepumpe, Smart-Home, elektronische Geräte, um nur einige zu nennen. Je mehr man davon selbst über eine eigene PV-Anlage versorgen kann, desto lohnenswerter die Anschaffung.
Was fällt Ihnen zum Thema Speicher(n) ein?
Graeber: Heutzutage ist die Kombination PV-Anlage mit Batteriespeicher das Maß der Dinge, diese empfehlen wir auch. Die nicht ausreichend vorhandene Speicherkapazität im öffentlichen Netz ist unter anderem momentan auch das Problem bei den überlasteten Netzen, das gerade in den vergangenen Wochen in den Medien häufig thematisiert wurde. Mit Batteriespeicher im Eigenheim kann die Selbstversorgungsrate auf bis zu 80 Prozent steigen. Ebenfalls kann der Batteriespeicher als Not-Stromversorgung dienen, sowie bei Zeiten wie Nachtstunden und Dunkelflaute den Haushalt mit Strom versorgen.
Falck: In Kombination mit einem Energiemanagementsystem können die Energieflüsse im Haushalt zudem optimiert werden, wenn die Speicher zum Beispiel bei sonnenreichen Zeiten während der Mittagszeit gefüllt werden, was auch wiederum die Netze entlastet. Die technischen Möglichkeiten sind mittlerweile sehr vielfältig und können individuell angepasst werden. Eine Beratung dazu lohnt sich. Zudem ist es gut zu wissen, dass auch die Speicher immer günstiger werden.
Vervollständigen Sie bitte den folgenden Satz: Eine eigene PV-Anlage…
Graeber: …ist auch weiterhin wirtschaftlich sinnvoll und ein großer Bestandteil der Energiewende! Jede produzierte Kilowattstunde auf dem eigenen Dach muss nicht an anderer Stelle in einem Kraftwerk produziert werden.
Falck: … auf dem eigenen Dach oder Balkon sind weiterhin sinnvolle und wichtige Bausteine der Energiewende und ermöglichen es jeder und jedem, Teil von ihr zu werden.
Für Fragen zum Thema oder für eine Beratung zu energieeffizientem Bauen und Sanieren, zu Heizsystemen, der Nutzung von Solarenergie oder Fördermitteln stehen die Berater der ENA-Roth zur Verfügung. Weitere Informationen speziell zu PV-Anlagen und dem Thema Energie finden sich auf der ENA-Homepage des Landratsamts Roth - „Praktische und einfache Ideen und Energiespartipps“. Die Beratung durch die ENA ist kostenfrei.
ENA-Roth
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